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Spielend zu neuen Kreislauflösungen für PP-flex?

Im Rahmen eines Planspiels von Fraunhofer UMSICHT für das Forum Rezyklat suchte Stephanie Gundlach, Produktmanagerin bei Interzero und Co-Lead des Fachpakets Kommunikation im Forum Rezyklat, mit rund 20 weiteren Branchenexpert*innen nach Lösungen und Handlungsoptionen für die Weiterentwicklung des Verpackungskreislaufs. Das Ergebnis: Dringend benötigt werden wirtschaftliche Anreizsysteme, eine Fokussierung auf recyclinggerechtes Design wie der verstärkte Einsatz von Monomaterialien und qualitativ hochwertige Rezyklate.

Bildquelle: Forum Rezyklat

Bildquelle: Forum Rezyklat

Damit Verpackungen wirklich im Kreislauf bleiben, müssen alle entlang der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten. Die Mitglieder des Forum Rezyklat setzen sich dafür ein, praktikable Lösungen für geschlossene Verpackungskreisläufe zu entwickeln. Während für Materialien wie Papier, Pappe, Karton, Glas und PET-Flaschen (im Einwegpfandsystem) bereits funktionierende Recyclingprozesse existieren, gibt es für andere Stoffströme noch Nachholbedarf. Deshalb hat das Forum Rezyklat das Fraunhofer Institut UMSICHT beauftragt, gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen aktuelle Herausforderungen zu analysieren und konkrete Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Zunächst konnten alle Unternehmen per Online-Umfrage ihre Inhalte beitragen. Im darauf aufbauenden Planspiel hatte das Lenkungsteam des Forums die Aufgabe, aus den Ergebnissen der Umfrage Handlungsfelder zu definieren und sie zu priorisieren. 

Gezielt bearbeitet wurde dabei ein Stoffstrom, für den es bislang noch keinen funktionierenden Materialkreislauf gibt. Für Interzero hat Stephanie Gundlach teilgenommen und ihre umfassende Expertise im dualen System, Verpackungsrecycling und Kommunikation in den Prozess eingebracht. Im Interview gibt sie Einblicke in den Prozess und die Ergebnisse.

Wieso habt ihr euch im Rahmen des Planspiels auf PP-flex fokussiert? 

Stephanie Gundlach: Der Stoffstrom Polypropylen-Flexmaterialien (PP-flex) verdient besonderes Augenmerk, weil relativ viele Verpackungen im Food- sowie Non-Food-Bereich daraus bestehen. Diese Verpackungen sind aber oft klein und vergleichsweise leicht und machen daher nur einen kleineren Teil der in der Gelben Tonne / dem Gelben Sack gesammelten Leichtverpackungen aus. Daher sortieren derzeit nur sehr moderne Sortieranlagen wie beispielsweise die Interzero-Anlage in Marl PP-flex als eigenen Stoffstrom separat aus, was Voraussetzung für die Schließung dieses Materialkreislaufs ist. Außerdem stellt sich die Frage, wie der Rezyklateinsatz in PP-flex-Verpackungen gemäß der Europäischen Verpackungsverordnung (PPWR) ab 2030 sowie das “recycling at scale” in 2035 realisiert werden kann.
 

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"Ein wichtiger Hebel sind wirtschaftliche Anreizsysteme, die den Einsatz von Rezyklaten attraktiver machen. Gleichzeitig müssen wir das Verpackungsdesign stärker auf die spätere Recyclingfähigkeit ausrichten"

Stephanie Gundlach Produktmanagerin

Worüber wurde im Prozess am meisten diskutiert? Worin bestehen die größten Herausforderungen?

Stephanie Gundlach: Es gibt mehrere zentrale Herausforderungen, die wir mit Blick auf die PPWR gemeinsam in den nächsten fünf bis zehn Jahren lösen müssen. 

Technologisch geht es vor allem darum, Sortier- und Recyclingprozesse weiter zu verbessern, damit qualitativ hochwertiges PP-flex-Rezyklat in größerem Umfang hergestellt werden kann. 

Dann braucht es auch neue technologische Verfahren, um die Rezyklate in neuen Verpackungen einsetzen zu können. Aktuell können in PP-Flex-Verpackungen nur geringe Rezyklatmengen eingearbeitet werden, da diese dünnwandig sind und die Verarbeitung hohen Anforderungen standhalten muss. Eine weitere Hürde ist die Nutzung von PP-Flex-Rezyklaten in Lebensmittelverpackungen. Dies ist aufgrund der Herkunft des aus dem mechanischen Recycling stammenden Rezyklats derzeit rechtlich nicht ohne weiteres möglich. Das chemische Recycling als komplementäre Technologie befindet sich noch in der Entwicklung – insbesondere hinsichtlich Verfügbarkeit und Quotensystematik. 

Hinzu kommt, dass Rezyklate teurer sind als Neumaterialien, was ihren Einsatz gegenüber Neuware wirtschaftlich unattraktiver macht, denn beim Verbraucher sind allein aufgrund des Rezyklatgehalts keine höheren Preise erzielbar. Aber auch die Unsicherheit im Umgang mit Daten und der Digitalisierung ist eine Hürde – beides könnte eigentlich helfen, Kreisläufe effizienter zu gestalten, wird aber aktuell noch nicht optimal genutzt. Alle diese Punkte wurden intensiv diskutiert und zeigen, dass wir an mehreren Stellschrauben gleichzeitig drehen müssen.

Und die Lösung? Wie ließe sich ein Kreislauf für PP-flex konkret umsetzen?

Stephanie Gundlach: Um die Kreislaufführung von PP-flex voranzubringen, haben wir im Planspiel mehrere wesentliche Maßnahmen identifiziert. Ein wichtiger Hebel sind wirtschaftliche Anreizsysteme, die den Einsatz von Rezyklaten attraktiver machen. Gleichzeitig müssen wir das Verpackungsdesign stärker auf die spätere Recyclingfähigkeit ausrichten, zum Beispiel durch die Förderung von Monomaterialien und durch Klarheit, welche Farben und Zusatzstoffe verwendet werden sollten. 

Außerdem muss weiter in die Forschung investiert werden: Es gibt noch offene Fragen, etwa zur Trennbarkeit von Druckfarben, die gelöst werden müssen, um die Qualität des recycelten Materials zu verbessern. Hier müsste gezielt angesetzt werden, um bestehende Forschungslücken zu schließen. Entscheidend für den Erfolg ist außerdem eine enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette. Um Kreisläufe zu schließen, müssen alle an einem Strang ziehen.

Wobei käme Interzero hierbei ins Spiel?

Stephanie Gundlach: Wir arbeiten aktiv in verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen des Forum Rezyklat an Lösungen für die Branche. Darüber hinaus sind wir als Experte für die Sortierung hochwertiger Materialstoffströme in unseren Sortieranlagen sowie mit unserem Fachwissen zur Rezepturentwicklung passgenauer Regranulate Teil der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe. 

Mit Blick auf die zukünftigen Recyclingziele der PPWR ist die Beratung unserer Expert*innen zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen besonders relevant. Im Rahmen von „Made for Recycling“ kann jede Verpackungsart in unserem Labor analysiert werden. Notwendige Verbesserungen werden aufgezeigt und der Umstellungsprozess begleitet. 

Besonderer Handlungsbedarf besteht beispielsweise weiterhin in puncto Mehrschichtigkeit: Die Verpackungsbranche muss sich unbedingt von den zwei- bis dreilagigen Verbunden verabschieden und mehr einlagige Mono-Verpackungen produzieren. Diese einfach klingende Veränderung ist im Markt längst noch nicht abgeschlossen. Zudem arbeiten unsere Expert:innen in verschiedenen Gremien an der Weiterentwicklung der Recyclingfähigkeitskriterien.

Die vollständigen Ergebnisse des Planspiels sind auf der Seite des Forum Rezyklat abrufbar.

 

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